Kurzbiografie

Peter Weibel Biographie

* 5. März 1944 in Odessa; † 1. März 2023 in Karlsruhe

Studium

Aufgewachsen in Oberösterreich studierte Peter Weibel zunächst für ein Jahr in Paris Französisch und französische Literatur, begann dann 1964 in Wien das Studium der Medizin, bis er zur Mathematik mit Schwerpunkt Logik wechselte.

 

Werk

Peter Weibels Werk lässt sich mehrheitlich in Kategorien der Konzeptkunst, der Performance, des Experimentalfilms, der Videokunst, Computerkunst und allgemein der Medienkunst fassen.

Ausgehend von semiotischen und linguistischen Überlegungen (Austin, Jakobson, Peirce, Wittgenstein u. a.) entwickelte Peter Weibel eine künstlerische Sprache, die ihn ab 1964 von der experimentellen Literatur zur Performance führte. In seinen performativen Aktionen untersuchte er nicht nur die „Medien“ Sprache und Körper, sondern auch Film, Video, Tonband und interaktive elektronische Umgebungen. Kritisch analysierte er ihre Funktion für die Konstruktion von Wirklichkeit. Neben Aktionen mit Vertretern der Wiener Gruppe und des Wiener Aktionismus – dem er den Namen gab – (Oswald Wiener, Günter Brus, Otto Muehl, Hermann Nitsch, Rudolf Schwarzkogler), arbeitete er ab 1966 (zusammen mit Valie Export, Ernst Schmidt jr. und Hans Scheugl) an einem „erweiterten Kino“, das die ideologischen und technischen Bedingungen filmischer Darstellung dekonstruierte. Den Begriff des „Expanded Cinema“ verwendeten Weibel und sein Umfeld erst ab 1968: Im Sommer 1968 hatte Weibel in Schweden, wo er jedes Jahr für ein paar Wochen in unterschiedlichen Fabriken arbeitete, George Maciunas‘ Expanded Arts Diagram entdeckt, das in der Zeitschrift film culture nr. 43 (Winter 1966) erschienen war.

Peter Weibel entwickelte diese Überlegungen ab 1969 konsequent in seinen Videobändern sowie -installationen weiter. Mit seinen Fernsehaktionen, den teleaktionen, die das Österreichische Fernsehen (ORF) 1972 im Rahmen der Sendung Impulse ausstrahlte, überschritt er die Grenzen des Galerieraumes und untersuchte die Videotechnik in ihrer Anwendung im Massenmedium Fernsehen.

Peter Weibel verfolgte seine künstlerischen Problemstellungen in unterschiedlichsten Materialien, Formen und Techniken: in Texten, Skulpturen, Installationen, Filmen und Videos. So wendete er sich 1978 auch der Musik zu. Er gründete zusammen mit Loys Egg die Band Hotel Morphila Orchester. Mitte der 1980er Jahre erforschte er die Möglichkeiten der computergestützten Bearbeitung von Video. Anfang der 1990er Jahre realisierte er erste interaktive computerbasierte Installationen, mit denen er wiederum das Verhältnis von Medien und Wirklichkeitskonstruktion thematisierte.

In seinen zahlreichen Vorträgen und Artikeln publizierte Weibel über zeitgenössische Kunst, Mediengeschichte, Medientheorie, Film, Videokunst und Philosophie. Als Theoretiker und Kurator setzte er sich für eine Kunst und eine Kunstgeschichtsschreibung ein, die Technikgeschichte und Wissenschaftsgeschichte berücksichtigte. In seiner Funktion als Lehrer an Universitäten und langjähriger Leiter von Institutionen wie der Ars Electronica, Linz, dem Institut für Neue Medien in Frankfurt a. M., und dem Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe beeinflusste er besonders die europäische Szene der Medienkunst durch Konferenzen, Ausstellungen und Publikationen. Als Kurator und Theoretiker widmete er sich von Anfang an immer auch den klassischen künstlerischen Gattungen – Malerei und Skulptur, zeigte und schrieb über junge KünstlerInnen ebenso wie über vergessene ProtagonistInnen, die er für die Kunstwelt wieder entdeckte.

 

Forschung und Lehre

Peter Weibel lehrte ab 1976 an zahlreichen Hochschulen, unter anderem an der Universität für Angewandte Kunst Wien, dem College of Art and Design in Halifax, Kanada und der Gesamthochschule Kassel. 1984 wurde er für fünf Jahre als Associate Professor for Video and Digital Arts an das Department for Media Study der State University of New York in Buffalo, N. Y. berufen, wo er das Digital Arts Laboratory aufbaute. Im gleichen Jahr, 1984 erhielt er die Professur für visuelle Mediengestaltung (Vis.Med) an der Universität für Angewandte Kunst in Wien, die er bis 2017 innehatte. 1989 wurde er mit dem Aufbau des „Instituts für Neue Medien“ an der Städelschule in Frankfurt am Main beauftragt, das er bis 1994 als Direktor leitete. Seit Januar 1999 war er Vorstand des ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe und seit 2017 Direktor des Peter Weibel Forschungsinstituts für digitale Kulturen an der Universität für angewandte Kunst Wien.

Peter Weibel starb am 1. März 2023 in Karlsruhe.